Die Stipendiaten und Stipendiatinnen der AG Cambridge haben sich ein Jahr lang mit den Besonderheiten der Universiät Cambridge beschäftigt. Vom 08.10 bis zum 12.10. waren sie schließlich in Cambridge und berichten nun über ihre Erfahrungen.
Nach ungefähr 45 Minuten Fußweg waren wir endlich da: Beim Cavendish Laboratory in West Cambridge. Das Labor ist dem Department of Physics untergeordnet und für seine vielfältigen Entdeckungen bekannt. Viele berühmte Wissenschaftler, wie James Clerk Maxwell, William Henry Bragg und Joseph John Thomson, haben in dem alten Gebäude des Labors in der Innenstadt gewirkt (25 Nobelpreisträger). Erst in den 70er Jahren ist das Labor zum anderen Stadtende nach West Cambridge gezogen.
Bei der Ankunft dort waren zunächst die sehr modernen Gebäude auffällig und diese waren ein Kontrast zu den alten historischen Gebäuden der restlichen Universität. Das Gebäude, in dem wir eine Führung bekamen, war jedoch ein Bau aus den 70er Jahre und wie wir erfahren haben, gibt es Pläne für einen Neubau.
Wir trafen dort Mark Nikolka, einen PhD-Student am Microelectronics Research Center, der selbst aus Deutschland kommt und uns durch das Labor geführt hat. Mark gab uns eine Einführung in die Arbeit des Labors und die Erforschung von organischen Halbleitern. Da auch der Standort Dresden bekannt für die Erforschung organischer Halbleiter ist, war diese Besichtigung sehr interessant für uns. Uns wurde die Verwendung von organischen Halbleitern für Solarzellen und Displays erklärt und die verschiedensten Abscheidungs- und Analysemethoden wurden erläutert.
Nach der fachlichen Vorstellung, folgte eine Fragerunde zu den Lehr- und Forschungsmethoden in Cambridge. Dabei wurde festgestellt, dass die Ausstattung mit Geräten in Cambridge sehr gut ist. Die TU Dresden hat zum Beispiel nur 6 Transmissionselektronenmikroskope, wohingegen die University of Cambridge 9 hat. Auch soll es in Cambridge deutlich leichter sein auf Geräte anderer Institute zurückzugreifen. Die finanzielle Ausstattung der Universität ist im Allgemeinen sehr gut.
Das Entrepreneurship gewinnt in Cambridge immer mehr Zulauf. Allein aus dem Institut, das wir besichtigt haben, gingen drei Start-up-Unternehmen hervor. Eines ist unteranderem Plastic Logic, welches auch in Dresden einen Standort hat. Für die Start-ups existiert ein eigener Gewerbepark, „Science Park“. In Cambridge gibt es eine große Organisation, Cambridge Enterprise, die sich um den Transfer und die Veröffentlichung neuer Ideen und Forschungsergebnisse kümmert.
In der Lehre haben die Vorlesenden eine andere Einstellung zur Lehre: So werden Vorlesungen nicht von Professoren gehalten, sondern von Angestellten, die sich freiwillig dazu bereit erklären, in die Lehre zu gehen. Dadurch wird gewährleistet, dass der Vorlesende motiviert ist und sich voll auf die Lehre konzentrieren kann. Des Weiteren werden die Tutorien in sehr kleinen Gruppen (1-2 Personen) durchgeführt und die Studenten müssen Übungen zur Korrektur abgeben.
Auch gibt es Mentalitätsunterschiede zwischen England und Deutschland: In England wird die Bildung als Zukunftsinvestition angesehen, bei der man bereit ist, auch viel dafür zu bezahlen. Durch die starke Identifikation mit der Universität, sind die Abgänger eher bereit sich im Alumni-Netzwerk zu engagieren. Es werden häufig hohe Spenden in solchen Netzwerken hinterlassen. So hat das Trinity-College alleine im letzten Jahr einen Gewinn von 60 Millionen Pfund gemacht.
Jedoch hat Mark auch auf einige Nachteile des Systems unterstrichen: So gibt es in Großbritannien eine ausgeprägte Zweiklassen-Bildung. Die Förderung in Großbritannien beschränkt sich sehr stark auf zwei Universitäten: Cambridge und Oxford. Auf diese Weise gehen vermutlich auch einige talentierte Köpfe verloren, welche nicht an diesen Eliteuniversitäten ihre akademische Ausbildung vollführen.
– Kai-Uwe Demasius –
(Fotos: Kai-Uwe Demasius)